Hartmut Breitenreuter, 22.06.2012 09:01 Uhr – Schwarzwälder Bote
Das neue Bienenhaus im Gebiet Neupolen erregt die Gemüter einzelner Grundstücksbesitzer.
Freudenstadt – Ein neues Bienenhaus im Gebiet Neupolen am nördlichen Stadtrand von Freudenstadt erregt wegen seiner Dimensionen die Gemüter einiger Grundstücksbesitzer. Das „Bienenhaus mit Nebenräumen“, wie es offiziell auf dem Baufreigabeschein der Stadt bezeichnet wird, könnte von der Größe her auch ein komfortables Ferienhaus sein. Dass solch ein Projekt in einem Gebiet, in dem normalerweise strenge Restriktionen herrschen, gebaut werden darf, verwundert zum Beispiel Gerhard Ziegler, der selbst eine große Parzelle unweit des Bienenhauses besitzt.
„Jeder noch so kleine Unterstand, ja selbst nur ein Zaun werden nicht zugelassen“, kritisiert Ziegler. Er weiß auch von anderen Grundstücksbesitzern oder -pächtern, die ein Gartenhäuschen bauen oder erweitern wollten und es nicht zugelassen bekamen. „Warum wird dann solch ein großes Bienenhaus genehmigt?“, fragt er sich.
Imkerei ist priviligiert
Dafür hat Christoph Gerber, Leiter des Bauverwaltungs- und Umweltschutzamts bei der Stadt Freudenstadt, eine einfache Erklärung. Wie er auf Anfrage unserer Zeitung erklärt, handle es sich bei dem Bienenhaus um ein privilegiertes Bauvorhaben. Nur solche Vorhaben seien auf der „grünen Wiese“, und nichts anderes sei das Gebiet Neupolen, zulässig. Die Imkerei falle unter diese Privilegierung.
Weshalb auf vielen Parzellen des Gebiets Neupolen ebenfalls Hütten und Schuppen stehen, hat laut Gerber einen historischen Hintergrund. In den 1950er- und 1960er-Jahren hätten viele Freudenstädter damit gerechnet, dass das Gebiet Neupolen mal ein großes Baugebiet wird und deshalb Grünlandflächen im Außenbereich aufgekauft.
Als die grüne Wiese dann eine solche blieb, seien viele Hütten auf die einzelnen Parzellen gebaut worden, um sie als Freizeitanlagen zu nutzen – meist ohne Genehmigung, weiß Christoph Gerber. So sei der Hüttenbestand in dem Gebiet, das wegen seiner Nähe zur Stadt gerne von Spaziergängern genutzt wird, entstanden und werde von der Stadt geduldet. Neue Maßnahmen würden im Prinzip nicht zugelassen, es sei denn, sie sind privilegiert, wie das Bienenhaus. Im Übrigen versteht Gerber die Aufregung nicht ganz. Der Bauherr habe die klare Auflage bekommen, alle weiteren Schuppen und Gerätschaften, die sich derzeit noch auf dem Gelände befinden, zu entfernen, sobald das Bienenhaus fertig ist. Außerdem ist Christoph Gerber überzeugt, dass sich das Holzhaus gut in die Landschaft einfügt: „Es wird ein Gewinn sein, wenn alles mal fertig ist.“
Quelle Schwarzwälder Bote / Fotorechte: Breitenreuter
RECHTSGRUNDLAGE (Kommentar von Rechtsanwalt Wolfgang Maurer, Herrenberg
Sofern das Gebiet im Aussenbereich liegt, also kein Bebauungsplan vorliegt, oder in keiner Kleingartenanlage sich befindet, ist ein Bauvorhaben nach § 35 BBauG zulässig, wenn es zum überwiegenden Gebrauch der Imkerei tatsächlich genutzt wird. Der Charakter des Gebäudes muss landwirtschaftlich (imkerlich) geprägt sein. Voraussetzung ist zunächst, dass ein Landwirt der Bauherr ist. Dies bestimmt sich nach § 201 Baugesetzbuch (Begriff der Landwirtschaft im Sinne des Baurechts): „Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzbuchs ist insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei.
Danach könnte nur ein Berufsimker Landwirt sein.
Im § 35 BbauG geht der Gesetzgeber aber weiter:
§ 35 Bauen im Außenbereich BauGB |
(1) Somit ist ein Bauvorhaben, wenn es der Imkerei dient, im Aussenbereich grundsätzlich zulässig. Damit ist aber über die Ausmaße noch nichts entschieden! Wenn im Aussenbereich jedoch eine Satzung (Baurecht) vorliegt, gilt zunächst diese Satzung als spezielleres Gesetz. Da im § 35 Abs. 1 Ziffer 5 BBauG nicht die Person eines Landwirts als Bauherr vorausgesetzt ist, kann auch ein Hobbyimker im Aussenbereich einen Bienenstand bauen. Fragen hierzu beantworte ich gerne. |
Die Punkt „öffentliche Belange“ wurde hier nicht angesprochen, Gilt dieser aber wohl als wichtigster möglicher Veto-Punkt ? In einem ähnlich liegenden Fall wird seitens Gemeinde von einer Splittersiedlungsgefahr gesprochen und lehnt das Vorhaben daher ab (aus Angst vor weiteren „gebäuden“ auf einer sonst freien mehrere ha große Weide im Aussenbereich..
Wäre diese Begründung nicht irrelevant, wenn seitens z.B. der LWG oder Bezirksverwaltung die imkerliche Privilegierung bestätigt wird ?
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