Kann Mieter Mietzins kürzen, wenn ein anderer Mieter oder Nachbar Bienen hält?

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Mandantenanfrage Juni 2016

Grund der Anfrage ist die Kontaktaufnahme des benachbarten Grundstückseigentümers, der einige Wohnungen/Doppelhaushälfte vermietet hat und angeblich Angst hat, dass die Mieter kündigen könnten. Damit verbunden ist auch die Frage einer Kürzung der Miete.

Eine Kürzung der Miete kann nur auf Vorankündigung erfolgen und steht unter strengen Voraussetzungen. In diesem Beitrag werden nur die Mieterrechte behandelt. Ob der Mieter selbst ein Abwehranspruch gegen den benachbarten Imkerstandort hat, wird mit der Fragestellung nicht beantwortet.

Grundsätzlich kann es nicht im Verantwortungsbereich liegen, wenn Mieter ihrem Vermieter aufgrund benachbarter Bienenhaltung kündigen. Dies kann verschiedene Ursachen haben, Kaltmiete zu teuer, Nebenkosten nicht transparent, Versetzung des Mieters, Wechsel des Arbeitgebers des Mieters oder Mängel am Objekt.

Die letztere Alternative wäre die, die Sie betreffen könnte. Dazu müsste zunächst ein Mangel vorliegen, behauptet und vom Mieter bewiesen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichte sind jedoch Bienenvölker in der Nachbarschaft kein Mangel der Mietsache, auch nicht, wenn die Mieter allergische Reaktionen nach Bienenstichen zeigen. Eine Mietminderung setzt voraus, dass der Mieter im Gebrauch seiner Wohnung in erheblicher Weise beeinträchtigt ist. Auf ein Verschulden des Vermieters kommt es dabei nicht an. Der Reinigungsflug der Bienen im Frühjahr, reicht nicht aus, die Miete zu mindern, denn er ist nur auf eine kurze Zeit beschränkt. Jegliche Mietminderung setzt voraus, dass die Gebrauchsbeeinträchtigung auch von einer gewissen Dauer ist und dem Mieter nicht zugemutet werden kann. Die Ansiedlung eines Bienenvolks / der Bienenvölker verursachte möglicherweise kurzfristig Angstgefühle, denn die Bienenbeuten werden in ihrer Massivität kurzfristig als Bedrohung empfunden, die aber tatsächlich objektiv keine ist. Nach etwa 1 Tag sind die Bienen eingeflogen und peilen ihre Trachtquellen zielgerichtet an (Schwänzel- oder Rundtanzorientierung). Schon bald fliegen sich die Bienen ein und in einem Abstand von 10 – 15 Meter ist kein massiver Bienenflug mehr zu beobachten, es sei denn, dort befindet sich eine lohnende Futterquelle, die jedoch auch von ortsfremden Bienen schnell angeflogen werden. Insbesondere in dicht bebauten Gebäudekomplexen fliegen die Bienen zunächst nach oben, um über die Häuser ihre Trachtquellen anzufliegen.

Die Beeinträchtigung muss nach dem Gesetz aber dauerhaft sein und eine dauerhafte Gebrauchsbeeinträchtigung herbeiführen, zum Beispiel könnte die Terrasse / Balkon wegen des Bienenflugs nicht nutzbar sein. Dies muss tatsächlich geprüft werden; scheidet aber meist aus, wenn auf dem Balkon keine für die Bienen lukrative Trachtpflanze ist. Aber auch dann ist die Biene „glücklich“ Nektar und Pollen zu finden und interessiert sich nicht für den Balkonnutzer, es sei denn, er (sie) schlägt nach ihr.

Allein die Existenz eines Bienennestes (Schwarm, der sich im Rolladenkasten einquatiert hat) oder der Begattungseinheiten (Königinnenableger) rechtfertigt keine Mietminderung.

In der Rechtsprechung finden sich, soweit ersichtlich keine Entscheidungen, in denen ein Mieter in solchen Fällen eine Mietminderung geltend gemacht und durchgesetzt hätte.

Anderst ist es bei Vorhandensein von Wespennester, obgleich diese sogar unter Tierschutz stehen. In einer Entscheidung des AG Meppen wurde dem Mieter ein Entfernungsanspruch zuerkannt, da das Vorhandensein von Wespennestern für den Mieter eine nicht unerhebliche Gefahr dargestellt habe, die der sofortigen Beseitigung bedurfte. Inwieweit und in welchem Ausmaß tatsächlich ein Risiko bestand, geht aus der Entscheidung nicht hervor (AG Meppen, Urt.v. 11.3.2003, Az: 8 C 92/03). Es ist jedoch zu vermuten, dass das Wespennest unmittelbar an der Hauswand des Mietgebäudes und in der unmittelbaren Nähe des Mieter-Wohnraums angesiedelt war. (vergleiche auch AG Aachen (Urt.v. 3.12.1998, Az: 80 C 569/97). Dort wurde die Mietminderung wegen unmittelbarer Gefahr durch ein Wespennest verlangt)

Leider verwechseln viele Bürger die sanftmütigen Bienen der Rassen Carnica und Buckfast (mit F1-Königinnen) mit den an den Kaffeetischen auftauchenden lästigen Wespen, die als Aasfresser sich auf Kuchen stürzten. Diese Trachtquellen sind für Bienen jedoch uninteressant, sodass eine Gefahr für Leib und Leben von den Bienen nicht ausgehen kann.

Fazit: Wenn nicht einmal eine Mietminderung möglich ist, kann auch keine Beendigung des Mietverhältnisses durch ausserordentliche Kündigung des Mieters durchgesetzt werden. Ein ausserordentlicher Kündigungsgrund wegen Vorliegen eines wichtigen Grunds liegt ebenfalls nicht vor, denn

  1. der Mieter kann die Mietsache uneingeschränkt nutzen,
  2. der Vermieter ist nicht für die Existenz der Bienenvölker in der Nachbarschaft verantwortlich (Dritter) u. a.

Rechtsquellen: § 536, 536 c, § 543 BGB

© Rechtsanwalt Wolfgang Maurer Herrenberg

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