Bienen ja, aber nicht zu viele ! Der Amtsschimmel in Dillingen hat gewiehert.

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Dillinger Zeitung

Nach Beschwerden von Anwohnern: Keine rechtlichen Einwände gegen Bienenhaltung

18. Februar 2016, 02:00 Uhr

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Wo Bienen auf Bürokratie treffen, kann es merkwürdig werden. Foto: Hannes Petrischak Foto: Hannes Petrischak
Nach Monaten hat der Dillinger Imker Matthias Kremer nun endlich einen Bescheid der Unteren Bauaufsicht erhalten. Rechtliche Einwände gegen seine Bienenhaltung gibt es demnach nicht. Die Zahl der Völker soll Kremer dennoch begrenzen.
Der Fall des Dillinger Imkers Matthias Kremer, dem die Untere Bauaufsicht (UBA) des Landkreises Saarlouis die Bienenhaltung auf seinem Grundstück nicht genehmigen wollte (die SZ berichtete), hat für einige Aufregung gesorgt. Gegen Kremers sechs Bienenvölker, die er auf einem eigens gekauften Streuobst-Grundstück in der Pachtener Parkstraße aufgestellt hatte, hatten sich angeblich mehrere Anwohner und Eltern, die mit ihren Kindern einen nahen Spielplatz nutzen, beschwert – so stellt es der Pachtener Heimat- und Verkehrsverein dar, der sich schriftlich an die Stadt Dillingen wandte und diese aufforderte, die Bienenhaltung dort zu untersagen.

UBA prüfte monatelang

Schon im September 2015 war ein Mitarbeiter der UBA vor Ort, um die Gegebenheiten zu prüfen. Doch monatelang wartete Kremer vergeblich auf eine Entscheidung. Am 8. Februar reichte er schließlich eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die UBA ein – und erhielt prompt Antwort.

Aus dieser geht hervor, dass die UBA baurechtlich keine Einwände gegen die Bienenstöcke hat: Die Umgebung sei kein reines Wohngebiet, sondern „ein Gebiet eigener Prägung“, in dem sich auch Handel, Grundschule und der THW-Ortsverband befinden. Ob „Anlagen für die Kleintierhaltung“ zulässig seien, ließe sich „nicht grundsätzlich-verallgemeinernd“, sondern nur im Einzelfall feststellen, heißt es weiter: Dabei seien die „jeweilige örtliche Situation sowie Zahl, Art und Störpotential der Tiere und die Bedingungen ihrer Unterbringung“ entscheidend.

Im vorliegenden Fall stehen die Bienenfreistände geschützt unter Nadelbäumen auf dem großräumigen Grundstück. Die vorgegebenen Abstände zu Nachbargrundstücken werden eingehalten. Der Spielplatz ist rund 30 Meter entfernt und liegt nicht in der Einflugrichtung der Bienen, befindet die UBA: Die Gefährdung gehe also „nicht über das allgemeine Lebensrisiko hinaus“. So weit, so gut – befindet auch der Imker Kremer: „Es gibt also keine gesetzlichen Einwände gegen die Bienenhaltung.“

Gefahr für andere Imker?

Die UBA weist jedoch gleichzeitig darauf hin, dass die geplante Erweiterung der Bienenbestände auf mehr als sechs Völker eine „nicht mehr ortsübliche Massierung“ darstellen würde. An diesem Hinweis stört sich nicht nur Kremer gewaltig, sondern auch der Landesverband der Imker und lässt dies nun rechtlich prüfen. „Denn es gibt mehrere Imker in der Stadt, die auf deutlich kleineren Grundstücken zehn Völker oder mehr halten“, sagt Kremer, „Wenn nun sechs Völker auf rund 2000 Quadratmetern der Maßstab wären, wären viele Imker im Kreis ihre Völker los.“

Der „Hinweis“ sei keine formale Untersagung, räumt die UBA auf Anfrage der SZ ein, sondern „eine vorsorgliche Information“. Für andere Imker im Kreis habe dieser Einzelfall keine Auswirkungen, heißt es weiter.

Im Einzelfall entscheiden

Die „konkrete, örtliche Situation“ sei maßgeblich. Es bestehe keine Anzeigepflicht für die Anzahl der Bienenvölker, und die UBA beabsichtigte nicht, die Bienenhaltung im Landkreis zu überprüfen – solange sich Anwohner nicht beschwerten. Doch was „ortsüblich“ ist oder nicht, entscheidet dann immer noch die UBA.

Für Kremer ist der Hinweis „inakzeptabel“: Der Vorsitzende der Dillinger Imker will die vergleichsweise kleine Zahl seiner Bienenvölker „auf jeden Fall“ erhöhen und gegen den Bescheid der UBA Widerspruch einlegen – und notfalls auch klagen.

Meinung:

Fehler einfach mal eingestehen

Von SZ-Redakteur Mathias Winters

Ja, wir räumen ein, dass wir auf den abwegigen Hinweis eines Einzelnen hin erst nach zugegebenermaßen arg langer Zeit geantwortet haben – das wäre mal eine Antwort gewesen. Wenn dann noch aus der Unteren Bauaufsicht beim Landratsamt die Mitteilung gekommen wäre: „Selbstverständlich, Herr Kremer, ist Ihr Grundstück groß genug, um hier weitere Bienenvölker zu halten“, wäre ein Lob fällig gewesen.

Stattdessen: „Keine Einwände, aber . . .“ Ein Hinweis, der zwar nicht bindend ist, aber dazu dienen kann, dem Imker doch noch Steine in den Weg zu legen. Hier könnten kritische Bürger, Naturfreunde, Imker und die vielen, die sich für Verwaltungshandeln und -unterlassen interessieren, über den Amtsschimmel wiehernd lachen. Ist das nicht komisch, wie hier Bürokraten-Klischees bestätigt werden? Nein, ist es nicht, denn es ist einfach nur ärgerlich, dass die Beamten nicht einfach mal einen Fehler eingestehen.

Meine Bemerkungen hierzu:
In Rechts- und Bestandskraft wächst nur die Tenorierung, also die Gestattung. Der Hinweis des Bauaufsicht hat allenfalls “ alarmierenden“ Charakter. Die UBA ist nicht sachverständig. Ich gehe davon aus, dass kein Bienensachverständiger oder ein Bieneninstitut von der UBA gehört wurde oder/und ein solches Gutachten in Auftrag gegeben wurde. Im Imkerkreisen weiß man, dass bei fehlender Tracht schon 10 Bienenvölker auf kleinem Raum zuviel sein können, während bei Waldtracht auch mal über 40 Völker bienenverträglich angesiedelt werden können. Freilich sollte man unmittelbar nach Ende der Tracht aus massiver Bienenvolkdichte abwandern, aber nur zum eigenen Schutz der Völker (wegen Räuberei), nicht wegen der Kinder oder der Angsthasen. Wenn die Spielplätze nicht 3-15 Meter vor den Fluglöchern eingerichtet sind, sind keine Maßnahmen erforderlich, denn auf Spielplätzen blüht nur der Kinderlärm, aber keine Blütenpracht, die die Bienen locken könnte. Hätte die UBA doch zu diesem Thema geschwiegen, wäre sie glaubwürdig geblieben, so bleibt ein Gschmäckle (auf schwäbisch), aber keine rechtliche Beschwer oder Beeinträchtigung, die man juristisch bekämpfen sollte. Recht bekommen heißt auch mal Schweigen und den Gegner nicht reizen. Das gilt im Übrigen für alle Beteiligten. Zuviel negativer Presserummel tut keinem gut!